»Die Klangprobe: Der Schlag, der das Innere des Steins in Schwingung versetzt und dem sachkundigen Prüfer Auskunft gibt über verborgene Risse.«
Mit einer Klangprobe überprüft Steinmetz Bode die Stabilität seines Steinmaterials, und er würde sie gern auch einsetzen, um die Qualität seiner Mitmenschen zu prüfen. Sein ältester Sohn hat Selbstmord begangen, sein zweiter Sohn findet keine Anstellung als Lehrer, die einzige Tochter will ausziehen, weil sie die bedrückende Stimmung nicht mehr erträgt. Nun kommt noch der Zerfall der Denkmäler hinzu, der eine existenzielle Bedrohung für die Firma bedeutet und die Frage nach dem, was Familie ausmacht, dringlicher werden lässt.
Siegfried Lenz, 1926 im ostpreußischen Lyck geboren, gestorben 2014 in Hamburg, zählt zu den bedeutendsten Schriftstellern der deutschsprachigen Nachkriegs- und Gegenwartsliteratur. Seit seinem Debütroman Es waren Habichte in der Luft von 1951 veröffentlichte er alle seine Romane, Erzählungen, Essays und Bühnenwerke im Hoffmann und Campe Verlag. Mit den masurischen Geschichten So zärtlich war Suleyken hatte er 1955 seinen ersten großen Erfolg, Sein Werk ist geprägt von der Auseinandersetzung mit gesellschaftskritischen Problemen (z. B. Der Mann im Strom, 1957, oder Brot und Spiele, 1959) und mit dem Nationalsozialismus bzw. seiner Aufarbeitung. Zu Lenz' größtem Erfolg wurde der 1968 erschienene Roman Deutschstunde. Bis heute ist die Geschichte eines Polizisten, der im Nationalsozialismus das Malverbot seines Freundes überwacht, eine bestechende Entlarvung eines pervertierten Pflichtgefühls. Das Buch wurde verfilmt, avancierte zur Pflichtlektüre an Schulen und war international ein großer Erfolg. Der Deutschstunde folgten viele weitere große Romane (Das Vorbild, 1973, Heimatmuseum, 1978, Der Verlust, 1981, Exerzierplatz, 1985, Die Auflehnung, 1994, Landesbühne, 2009), welche Siegfried Lenz neben Schriftstellern wie Heinrich Böll, Günter Grass oder Martin Walser zu einem der wichtigsten deutschen Gegenwartsautoren machte. Sein zweiter Roman Der Überläufer erschien postum im Jahr 2016 und wurde ein großer Erfolg. Für seine Bücher wurde er mit zahlreichen bedeutenden Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem Goethepreis der Stadt Frankfurt am Main, dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, dem Gerhart-Hauptmann-Preis, dem Thomas-Mann-Preis und dem Lew-Kopelew-Preis für Frieden und Menschenrechte 2009. Die Herausgeberin Maren Ermisch, geboren 1976, studierte Germanistik und Anglistik an der Universität Kiel. Sie war von 2003 bis 2009 Mitarbeiterin im Buddenbrookhaus in Lübeck und ist seit 2009 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Seminar für Deutsche Philologie der Universität Göttingen. Sie promovierte 2015 mit einer Arbeit über Theodor Fontanes Schottland-Reisebuch Jenseits des Tweed. Im selben Jahr kuratierte sie gemeinsam mit dem Storm-Haus in Husum und dem Buddenbrookhaus in Lübeck die Ausstellung "Bürger auf Abwegen. Thomas Mann und Theodor Storm". Im Rahmen der Hamburger Ausgabe der Werke von Siegfried Lenz edierte sie die Bände Der Mann im Strom und Heimatmuseum (gemeinsam mit Heinrich Detering).
Autorenporträt schließen