Gegenrevolution 1920 - Der Kapp-Lüttwitz-Putsch in Mitteldeutschland
Verlag | Weimarer Verlagsgesellschaft |
Auflage | 2021 |
Seiten | 160 |
Format | 21,4 x 1,9 x 30,4 cm |
Mit Lesebändchen | |
Gewicht | 870 g |
ISBN-10 | 3737402884 |
ISBN-13 | 9783737402880 |
Bestell-Nr | 73740288A |
Die Weimarer Republik ist nicht gescheitert; sie wurde gezielt durch ihre Feinde zerstört! Der Begleitband zur Wanderausstellung »Gegenrevolution 1920. Der Kapp-Lüttwitz-Putsch in Mitteldeutschland« greift eine frühe Episode dieser Angriffe von Rechtsextremisten gegen die demokratische Grundordnung heraus. Anhand der vielschichtigen Rekonstruktion sowohl der Ereignisse als auch der verschiedenen Akteursgruppen wird deutlich, wie komplex die Bedrohungslagen in der Weimarer Republik waren. Sie zeigt aber auch, wie maßgebend sich das entschlossene Handeln von Demokraten zum Erhalt ihrer Republik darstellte. 100 Jahre später erscheint nicht nur der historische Gegenstand allein für eine Betrachtung relevant; auch der Umgang mit ihm hinterlässt Fragen. Daher greift der Band überdies die Rezeption des Kapp-Lüttwitz-Putsches in den politischen Systemen der Weimarer Republik, des »Dritten Reiches«, der DDR und BRD mit auf, an deren vorläufigem Ende die Erinnerung an das Ereignis weitgehen d aus dem kulturellen Gedächtnis verschwunden ist. Umsturzversuche dieser Art kennt allerdings auch unsere Gegenwart, was der Geschichte erschaudernswerte Aktualität verleiht.
Leseprobe:
Mit Unterzeichnung des Versailler Friedensvertrages verpflichtete sich das Deutsche Reich, sein Heer von mehr als 400 000 auf 100 000 Soldaten zu reduzieren. Das bedingte auch die Auflösung der rund 120 Freikorps, die überall im Land zur Unterdrückung von Unruhen und zur Sicherung der östlichen Reichsgrenze eingesetzt wurden. Der Kommandeur der Vorläufigen Reichswehr in Berlin, General Walther Freiherr von Lüttwitz, nahm das zum Anlass, einen Staatsstreich zu konspirieren. Am 10. März 1920 stellte er Reichspräsident Friedrich Ebert ein Ultimatum zur Aufkündigung des Friedensvertrages und zur Ansetzung von Neuwahlen. Tags darauf entließ ihn der Reichswehrminister Gustav Noske. Am 12. März befahl Lüttwitz dem rechtsextremen Elite-Freikorps der Marine-Brigade Ehrhardt den Marsch auf Berlin, um die Regierung zu stürzen. Am Morgen des 13. März flüchtete das Kabinett Gustav Bauer nach Dresden, später nach Stuttgart. Währenddessen proklamierten die Putschisten den rechtsextremen Politike r Wolfgang Kapp zum Reichskanzler und preußischen Ministerpräsidenten.Die Gegenrevolution wurde von den konservativen Kräften im Land vielfach begrüßt. Jedoch bekannten sich nur wenige offen zum Putsch; die meisten nahmen eine abwartende Haltung ein. Letztlich genügte die Kontrolle der Reichshauptstadt nicht, um das Gelingen zu sichern. Vor allem schwächte der reichsweit von Gewerkschaften, der SPD, USPD und KPD organisierte Generalstreik die Verschwörer. Vielerorts kam es auch zu Kämpfen zwischen bewaffneten Arbeiterwehren und putschenden Militärverbänden. In der Folge verlor der Umsturz an Dynamik und verebbte schließlich, bevor eine handlungsfähige Regierung auf den Weg gebracht werden konnte. Am 17. März floh Kapp nach Schweden und Lüttwitz übernahm als Diktator. Ohne weiteren Rückhalt lenkte er noch am selben Tag ein und nahm ein Angebot zur Beendigung des Staatsstreiches an. Während und nach dem Kapp-Lüttwitz-Putsch kam es im gesamten Reichsgebiet zu andauernden Unruhen, bei denen bis zu 3500 Menschen starben. Im rheinischwestfälischen Industriegebiet gründete sich eine rund 50 000 Kämpfer umfassende Rote Ruhrarmee, welche die gesamte Region kontrollierte und Pläne zur Errichtung einer Räterepublik verfolgte. Zur Niederschlagung dieser Bewegung setzte die Reichsregierung neben der Reichswehr auch Einwohnerwehren, Sicherheitspolizei (SiPo) und rechtsextreme Freikorps ein, die kurz zuvor noch gegen sie geputscht hatten. Chancen auf eine friedliche Beilegung des Konflikts wurden ignoriert. Beide Seiten gingen mit äußerster Brutalität gegeneinander vor - bis hin zum Massenmord an Gefangenen. Weitere Epizentren bewaffneter Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Arbeitern befanden sich in Mitteldeutschland, vor allem in Westsachsen und den Thüringer Freistaaten nebst seinen angrenzenden thüringisch-preußischen Gebieten.