Edward L. Bernays' Propagandatheorie - Vom Kampf um Wirklichkeiten und Emotionen in der liberalen Demokratie
Verlag | Verlag Barbara Budrich |
Auflage | 2023 |
Seiten | 340 |
Format | 14,8 x 21,0 x 2,0 cm |
Gewicht | 495 g |
Reihe | Politik und Kommunikation 6 |
ISBN-10 | 3847430076 |
ISBN-13 | 9783847430070 |
Bestell-Nr | 84743007A |
Edward L. Bernays gilt als Vater der Public Relations: Bereits in den 1920er Jahren erkannte er das politische Machtpotenzial von Massenmedien in ihrer Einflussnahme auf die öffentliche Meinung. Er sah die Herausforderungen rund um Desinformation, Propaganda und emotionsgesteuerte Politik, denen sich die liberale Demokratie bis heute ausgesetzt sieht. Stefan Matern nimmt eine erste systematische Auseinandersetzung mit dem Werk Bernays' aus politiktheoretischer Perspektive vor und beleuchtet mögliche Anknüpfungspunkte für die Politische Theorie. Er zeigt, dass Bernays' Propagandatheorie mit ihrer interdisziplinären Grundlegung eine spezifische Aktualität besitzt, die in Kombination mit ihrer Anschlussfähigkeit für moderne sozialpsychologische Forschung zeitgenössische Phänomene rund um Fake News, Filterblasen und Echokammern erklären kann.
Inhaltsverzeichnis:
DanksagungEinleitungI Präludium: der US-amerikanische Journalismus um 19001 Einsichten in die Realitätskonstruktion: die Bedeutungszunahme von news2 Die Öffentlichkeit besteigt den Thron: muckraking und die Entstehung der PR3 Der Erste Weltkrieg und seine Folgen: make the world safe for democracyII Bernays' Anthropologie: Irratio, Triebe und Instinkte1 Wilfred Trotter: das gregarious animal und seine Herdensuggestionen2 Everett Dean Martin: die Suggestibilität der crowd und ihre Instinkte3 William McDougall: Massen- und Individualpsychologie4 Bernays' Theorievorlage Walter Lippmann: Pseudo-Umwelten und stereotypes5 Kontaktprofit durch "Uncle Sigi": die Rezeption der PsychoanalyseIII Auf dem Weg zu einer politischen Propagandatheorie1 Der analytische Propagandabegriff1.1 Die Gruppenstruktur der Gesellschaft: Meinungsführer als Totem-Ersatz1.2 Der creator of events: souverän ist, wer über die news in der Zeitung entscheidet2 Der affirmative Propagandabegriff2.1 Eine historisch deter minierte Symbiose: Propaganda als Stimme des Volkes2.2 "Gute" Propaganda versus Machtasymmetrie: der benevolente PR-Berater2.3 Propaganda versus Impropaganda: die Ethik der PR2.4 Die two-way-street: Symmetrie zwischen Öffentlichkeit und PR-Berater?2.5 Public Relations, Kapitalismus und Demokratie3 Der elitentheoretische Propagandabegriff3.1 H.L. Mencken: Demokratie als Herrschaft anthropologisch Unterlegener3.2 Gaetano Mosca: organisierte Elite versus unorganisierte Masse3.3 Richard Washburn Child: Carl Schmitt lässt freundlich grüßen3.4 Vilfredo Pareto: nicht-logische Handlungen und Derivationen3.5 Robert Michels: die Desillusionierung der Demokratie3.6 Joseph Alois Schumpeter: Konkurrenzkampf versus created will3.7 Walter Lippmann: der vermeintliche Elitentheoretiker3.8 Versuchter Kontaktprofit: Instrumentalisierung und selektive ZitationIV Elitendemokratie versus prozedurale Demokratie1 Die Verteidigung der Demokratie: mit Bernays gegen Bernays2 Meinungs- und Wahlumfragen: ein früher Wilhelm Hennis3 Der Beginn des Steinbruchs: liberale Demokratie als Emotionsregime?V Emotion versus Vernunft: ein überholter Dualismus1 Spuren in der Ideengeschichte: motivierte Kognition und der myside bias2 Liberale Institutionen und die Kanalisierung kognitiver Verzerrungen3 Gegen den myside bias: der Mensch ist mit der Sprache begabt4 Das Wunder der Demokratie und seine erkenntnistheoretischen Wurzeln5 Motivierte Kognition und Stammesdenken: vom Individuum zum KollektivVI Wider den Holismus: Bernays als Steinbruch1 Fake News und Gemeinschaftsbildung: die Wiederkehr der Herde2 Vertrauenskrise? Von wachsender epistemischer Autonomie3 Die digitale Transformation und die Nivellierung von Machtasymmetrien4 Stammesdenken im Netz: Algorithmen, Bots und Filterblasen5 Epistemische Autoritäten und Irrationalität: Bernays in der Corona-PandemieSchlussbetrachtungZusammenfassende ThesenLiteraturverzeichnisQuellenverzeichnis Library of Congress
Rezension:
Radikale Gruppen an den Rändern westlich geprägter Demokratie lassen sich ja offenkundig mit Vernunft, Faktenwissen und Argumentation kaum bzw. gar nicht mehr erreichen. Die Kommunikation über Emotionen kann hier eine Option sein und: sie muss ja nicht zwingend im Widerspruch zur Ratio stehen. Dieses deutlich zu machen und zum weiteren Nachdenken und Forschen anzuregen, das ist ein großes Verdienst dieser Dissertation. Die abschließend in großer Klarheit gedachten und ausformulierten Zusammenfassungen und Thesen (S. 271-278) liefern hier fulminanten Sprengstoff, nicht nur für die weitere akademische Debatte, sondern auch für die Gedankengänge der Strategen in den demokratischen Parteizentralen. Professor Dr. Markus Kiefer, Kommunikationsmanagement, August 2024