Verlag | Francke-Buch |
Auflage | 2016 |
Seiten | 382 |
Format | 17,4 x 20,6 x 3,2 cm |
Gewicht | 448 g |
Übersetzer | Julian Müller |
ISBN-10 | 3868275975 |
ISBN-13 | 9783868275971 |
Bestell-Nr | 86827597A |
Die frühere Bibelschmugglerin Bobbie kehrt erstmals seit Jahren in die »Oase« zurück, eine christliche Einrichtung für Flüchtlinge, in der sie einst gearbeitet hat. Doch ihre Rückkehr nach Wien weckt schmerzliche Erinnerungen - an ihre verlorene Liebe Amir und ein Geheimnis, das sie seit Langem hütet.In der »Oase« begegnet Bobbie nicht nur Amir wieder, sondern wird auch mitten hineingezogen in das dramatische Schicksal des Iraners Hamid, der aus seinem Heimatland fliehen muss, weil er von der Religionspolizei verfolgt wird. Seine Tochter hat eine Kinderbibel geschenkt bekommen und so schweben nicht nur Hamid, sondern auch der Rest seiner Familie in größter Gefahr. Werden Bobbie und ihre Freunde sie in Sicherheit bringen können?Hier können Sie mehr über die Arbeit der »Oase« erfahren:oasis.iteams.org/deutsch.html
Leseprobe:
PrologAußerhalb von Wien, Dezember 1989Der alte rote Transporter mit dem ausgeblichenen Lack stand hinter unserer "Kaserne", wie wir sie liebevoll nannten, und wartete da-rauf, mit Schmuggelware beladen zu werden. Ich lief hinter Jenny her und hatte wie sie die Arme voller Bücher. Jeremy legte seine auf der Erde ab und schloss "Dusty", unser treues Gefährt, auf.Er stieg hinten ein und klappte die Polster der Sitzreihen nach oben. Ich fröstelte in der Dämmerung dieses Dezembermorgens. Der Himmel über Wien legte allmählich seinen dunkelgrauen Mantel ab und brachte sanfte Pastelltöne in violett, rosa und blau zum Vorschein. Ich dachte an Amir, wie er zusammengekauert in diesem öden Raum im Flüchtlingsheim in Traiskirchen saß."Jill, ich habe ihn gefunden, und alles nur durch dich.""Nein, das war er selbst. Er schafft das ganz allein." Das Herz klopfte mir bis zum Hals."Ich habe Angst. Sie schicken mich weg. Ich habe ihn doch erst kennengelernt und jetzt schicken sie mich weg.""Für die , die ihn suchen, ist er überall", flüsterte ich und merkte, dass ich nach seinen Händen gegriffen hatte und uns beiden die Tränen übers Gesicht liefen.Amir nickte. "Ja. Aber ...""Vertrau ihm.""Das tue ich. Aber Jill. Was ist mit dir? Wie werde ich dich wiederfinden?""... und es soll schon wieder Krawalle in Rumänien gegeben haben. Jill! Hörst du mir überhaupt zu?"Ich wischte mir eine Träne von der Wange und wandte mich Jeremy zu. "Entschuldige. Ich war in Gedanken. Hier sind die restlichen Bücher."Ich reichte ihm den Stapel und las den rumänischen Titel. Nach fünf Jahren beherrschte ich die Sprache endlich einigermaßen. Jeremy nahm eine kostbare Fracht nach der anderen und legte sie in die kleinen Fächer, die unter den Sitzen versteckt waren. Bibelstudienbriefe, Bibeln, Biografien - wir machten den "B"-Transport, wie wir ihn nannten.Endlich waren die Bücher verladen und Jeremy schlug die hintere Tür zu. "Fertig?"Ich zuckte mit den Achseln und dachte wieder an Amir. Heute stieg er in den Zug. Als Flüchtling. Heute wurde er in eine andere Stadt in Österreich gebracht, um auf das Ergebnis seines Asylantrages zu warten."Alles wird gut, Jill", sagte Jeremy, als hätte er meine Gedanken gelesen. "Er hat das Buch und er hat den Freund kennengelernt."So lief das bei uns, wir sprachen immer in dieser Geheimsprache, nutzten falsche Namen, flüsterten und taten, was man nicht tun durfte. Seit fünf Jahren trug ich den Titel Bibelschmugglerin. Dutzende Fahrten über die Grenze in einem alten, rostigen Transporter. Erst seit Kurzem hatte ich einen neuen Titel bekommen, Flüchtlingshelferin - für die, die aus ihrer Heimat geflohen und der Brutalität entkommen waren. Die, die sich in Westeuropa ein neues Leben aufbauen wollten. Bibelschmugglerin, Flüchtlingshelferin, hoffnungslos verliebt ...Ich stieg auf der Beifahrerseite ein, zog die Tür zu und meine Jacke eng um mich. Jeremy legte den ersten Gang ein und wir rumpelten aus der Kaserne. Ich spürte die Blicke von Kelly, Bre nda, Lisa und Fred auf mir - unsere Kollegen, ebenfalls mit falschen Namen und Identitäten. Ich konnte spüren, wie sie uns nachsahen und still beteten. Vater, beschütze sie. Verschließe die Augen der Grenzbeamten. Lass sie sicher über die Grenze kommen und ohne Zwischenfall ihren Kontakt erreichen.Ja, Herr, stimmte ich ein, als Jeremy einen Gang hochschaltete. Wir rollten auf die Straßen südlich von Wien und nahmen Kurs auf Rumänien, die Morgensonne knapp überm Horizont.Wir sollten unseren Kontakt in einer kleinen Gasse hinter der Kirche im Zentrum von Temeswar treffen. Die Scheinwerfer waren ausgeschaltet und wir saßen im Dunkeln. Eine Viertelstunde warteten wir schon, die Sekunden tickten wie bei einer Bombe, und ich fragte mich wie immer, ob dieses Mal jemand anderes kommen würde, jemand mit einer Waffe, der uns in eine feuchtkalte Gefängniszelle warf.Wie schaffst du das nur?, wollten meine Freunde aus der amerikanischen Heimat wissen. "Mut ist Angst, die gebetet hat", wie