Verlag | Helmer |
Auflage | 2016 |
Seiten | 204 |
Format | 13,0 x 21,0 x 1,7 cm |
Gewicht | 292 g |
ISBN-10 | 3897413876 |
ISBN-13 | 9783897413870 |
Bestell-Nr | 89741387A |
Paulina ringt mit sich und dem Leben. Sie ist Mitte zwanzig und noch immer in der Ausbildung. Da verliert sie obendrein ihren Brotjob im Call-Center und bei der geliebten Oma geht auch noch die Gastherme kaputt. In Omas Wohnung wohnt leider auch Paulina selbst - ein Grund mehr, dringend Geld zu verdienen! In ihrer Not nimmt die junge Frau einen Job als Escort-Girl an. Sex zu verkaufen ist für sie allerdings tabu. Aber warum nicht jemanden gegen Bezahlung zum Essen begleiten? Überraschend ist es eine Frau, die Paulinas Escort-Service in Anspruch nimmt. Paulina sagt den Auftrag mit Erleichterung zu - mit Männern kann sie ohnehin wenig anfangen. Der Mensch, der ihr eines Tages die Sterne vom Himmel holen wird (wie ihre Großmutter immer sagt), wäre jedenfalls kein Mann. Im Moment aber hat sie mit ihrer ewigen Schwermut und bedrückenden Geldproblemen ohnehin andere Sorgen. Die Kundin erwartet sie im Wiener Grand Hotel: Johanna Engel ist gebildet, attraktiv - und körperlich behindert. Aus dem reinen Geschäftstreff wird trotz Paulinas klaren Prinzipien rasch mehr. Doch diese Johanna gibt ihr immer neue Rätsel auf. Warum will die Frau unbedingt weiterhin bezahlen, wo doch ihre Zuneigung offensichtlich ist? Weshalb verhält sie sich bei Intimitäten so merkwürdig? Und was weiß sie über einen tragischen Unfall, dessen dunkler Schatten seit Jahren auf Paulinas Seele liegt?
Leseprobe:
»Kann ich Ihnen helfen?«, fragt der junge Kellner, der wie aus dem Nichts auftaucht.»Es wurde auf den Namen Engel reserviert«, wiederhole ich Nataschas Worte. Mit klopfendem Herzen folge ich ihm durch das Restaurant auf die Dachterrasse. Unter einem schattenspendenden Dach inmitten von Blumendekor reihen sich blau eingedeckte Tische nebeneinander. Noch ehe ich mir einen genaueren Überblick verschaffen kann, stehen wir auch schon an einem der Tische.»Hallo, Paulina.« Die Frau, die meine Kundin ist, erhebt sich und streckt mir die Hand entgegen. Ihre Finger sind ganz kalt. »Johanna Engel. - Schön, dass du gekommen bist.«Ihre Stimme klingt angenehm und warm. Ich lasse mich ihr gegenüber nieder. Schon halte ich eine Speisekarte in der Hand. Die Speisen haben französische Bezeichnungen, darunter steht die deutsche Erklärung. Ich bin so aufgeregt, dass für mich alles wie Chinesisch wirkt, die Buchstaben tanzen vor meinen Augen. Über den Rand der Speisekarte hinweg werfe ich einen rasche n Blick auf mein Gegenüber. Johanna Engel hat blondes, langes Haar, das ihr offen über die Schultern fällt. Sie ist nicht viel größer als ich, dabei sehr schlank. Die Falten um ihre Augen verraten mir, dass sie deutlich älter ist als ich selbst. Nicht, dass ich nicht damit gerechnet hätte. Ganz im Gegenteil: Ich hatte erwartet, eine Frau um die fünfzig zu treffen. Johanna Engel ist jedoch maximal vierzig, wenn überhaupt. Sie hat ebenmäßige Gesichtszüge, nur ihr Mund ist etwas zu groß für das schmale Gesicht. Am auffälligsten sind ihre Augen. Sie haben ein derart intensives Blau, wie ich es noch nie zuvor an einem Menschen gesehen habe. Alles in allem wirkt diese Frau keineswegs so, als müsste sie einen Menschen dafür zahlen, dass er mit ihr ausgeht. 'Die Typen sehen in der Regel gut aus und haben echt viel Geld', erinnere ich mich an Jacquelines Worte in der Agentur. - Warum sollte es bei den Frauen anders sein ...?«