Verlag | Lilienfeld Verlag |
Auflage | 2023 |
Seiten | 300 |
Format | 13,2 x 3,2 x 21,2 cm |
Mit Lesebändchen | |
Gewicht | 478 g |
ISBN-10 | 3940357979 |
ISBN-13 | 9783940357977 |
Bestell-Nr | 94035797A |
Die Kraft dieser Autobiografie liegt in der literarischen Klarheit und persönlichen Offenheit, mit der Karen Gershon ihre Kindheit und Jugend als Käthe Löwenthal in Deutschland bis zu ihrer Abfahrt nach England im Dezember 1938 beschreibt. Sie hat mit ihren Erinnerungen nicht nur eine wertvolle historische Quelle, sondern auch ein bemerkenswertes Stück wirkmächtiger Literatur über das Heranwachsen als Mädchen verfasst.
Käthes Vater ist ein aufstrebender Architekt in Bielefeld und ihre Mutter die Tochter des Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde der Stadt. Was als normales Leben einer bürgerlichen Familie mit drei Töchtern beginnt, wird schließlich mehr und mehr überschattet von den Auswirkungen der politischen Entwicklung ab 1933. Sprachlich klar und auf zurückhaltende Weise intensiv beschreibt Karen Gershon das Verhältnis zu ihren Eltern, deren Verhältnis zueinander, die Charaktere der drei sehr verschiedenen Schwestern und deren Wechselwirkungen untereinander, aber auch das Leben im Jüdischen Landschulheim Herrlingen, ihre literarischen Anfänge, erste irritierende Liebesgefühle und bittere Selbsterkenntnisse. All dies geschieht vor dem Hintergrund des erzwungenen Abstiegs der Familie und der sich immer weiter steigernden Diskriminierung. Die extrem bedrohliche Situation und die Auswirkungen des Novemberpogroms in ihrer Stadt sind dann der Endpunkt des Lebens der drei Mädchen in Deutschland. Kare n Gershons Kunst ist es, all dies auf sehr nahekommende Weise in Worte zu fassen und ein Kinderschicksal des 20. Jahrhunderts sehr lebensecht in Erinnerung zu bringen.
Leseprobe:
Niemand machte Käthe klar, dass das Schlimmste noch lange nicht vorbei war, und ihre Eltern sagten ihr nicht, dass sie auf das Schlimmste gefasst waren. Sie sagten ihr nicht, es fällt uns so schwer, dich gehen zu lassen, weil es sehr gut möglich ist, dass wir uns nie wiedersehen. Im Gegenteil, um dem Kind die Trennung leichter zu machen, hatten sie gemeinsam beschlossen, so zu tun, als hätte dieser Abschied keine Bedeutung, als wäre er nichts anderes als jeder andere der vielen Abschiede, seit sie mit elf Jahren zum ersten Mal von zu Hause weggegangen war, als würde sie diesmal nur ein bisschen weiter weg fahren. Jetzt würde die Reise mal übers Meer gehen, das wäre doch wohl aufregend. Selbstverständlich fand Käthe das auch.