Manche Leser werden sich fragen, was mich wohl auf die Idee gebracht hat, quasi ein Hermannstädter Pendant zu "Max und Moritz" zu erschaffen. Nun, ich habe die Hälfte meines Lebens in Hermannstadt verbracht, und da es auch hier viele Golans gab, die die Leute buserierten, habe ich aus der Erinnerung zitzerelweise Begebenheiten gesammelt, und die besten davon zu den folgenden Streichen verarbeitet. Ich muss allerdings errötend gestehen, dass in meiner Jugend drei davon - in Eigenregie verlaufen sind. Die beiden schmetcherösen Hermannstädter Purligaren Pitz und Tummes dienten mir zunächst als Vorwand, um mittels ihrer üblen Boacane die vielfältigen verbalen Ausdrücke mit örtlicher Prägung in einem möglichst amüsanten, dynamischen Rahmen zu verarbeiten. Doch während ihres Werde gangs mauserte sich die Dichtung aus den Protagonisten, der Sprache und der allgegenwärtigen Kulisse zu einer kleinen kompakten literarischen Einheit.Kurt H. Binder
Biographie Er selbst bezeichnet sich als "waschechter Hermannstädter" - Kurt Heinz Binder, geboren am 28. Juni 1933 in der Stadt am Zibin. Seine Eltern Kurt Erich Binder, ein Kleinfabrikant, und Marie Margarete Kröger, gelernte Buchhalterin, wohnten in bescheidenen Verhältnissen auf der Neustift Nr. 1 (Strada Movilei). Nach dem zweijährigen Kindergarten in der Heidengasse (Strada Morilor) bei "Offnertante" kam Binder 1940 in die Volksschule auf dem Hundsrücken, die er 1944 beendete. Sein Vater wurde zur Waffen-SS eingezogen. Er kam aus dem Krieg nicht mehr zurück. Sein Betrieb wurde enteignet. Als Sohn eines SS-Mannes hatte Binder große Schwierigkeiten, an einer Schule anzukommen. Durch Protektion wurde er an einer Buchhaltungsschule eingeschrieben, wo er ein Jahr lang lernte. Da er diesen Beruf zu trocken befand, schrieb er sich an der "Scoala profesional? de energie electric?" ein, eine Berufsschule für Elektriker. Es folgten drei Jahre von 1952 bis 1955 auf verschiedenen Baustellen, wo er an Hochspannungsleitungen und Transformatorenstationen arbeitete. Von 1955 bis 1957 leistete er den Militärdienst in Bukarest bei der MFA-Constructii an der lopata (Schaufel), Symbol für den Arbeitsdienst am Bau von Hochhäusern. Wieder zuhause in Hermannstadt arbeitete er zehn Jahre lang im Schichtwechsel als Schlosser und Fräser in der Maschinenfabrik Independen?a. Parallel dazu machte er nach vierjährigem Fernstudium das Bakkalaureat und bestand die Aufnahmeprüfung an der Pädagogischen Hochschule für Physik und Chemie in Klausenburg/Cluj, wo er von 1967 bis 1970 studierte. Nach bestandener Abschlussprüfung folgten drei Jahre Lehrertätigkeit an der Brukenthalschule in Hermannstadt. Kurt H. Binder heiratete im Sommer 1964 Erika Schneider, Gymnasiallehrerin, die älteste Tochter von Turnlehrer Rudolf Schneider. Das Ehepaar hat drei Töchter und eine Tochter aus Binders erster Ehe, der noch einen Sohn aus einer frühen Beziehung hat. Trotz dieses Quintetts blieb es bei zwei Enkeln. Am 23. August 1973 reiste Binder zu einem Besuch allein in die BRD - und kehrte nicht mehr zurück. Die Familie folgte im Februar 1975. Seine Frau Erika bekam sofort eine Anstellung als Mathe-Lehrerin am Schickhardt-Gymnasium in Herrenberg, wo die Familie 1978 ein Haus mit Garten kaufte. Da sein Lehrer-Diplom nicht anerkannt wurde, begann Binder ein Nachstudium, schulte dann aber in einem zweijährigen Kurs zum Konstruktionszeichner um. Dreizehn Jahre lang arbeitete er in einem Konstruktionsbüro für Maschinenbau in Herrenberg, und ging dann mit 60 Jahren in Rente. Schriftstellerisch hatte er sich schon seit seiner Jugend betätigt. Satiren und Humoresken - erschienen auch in der Hermannstädter Zeitung und im Neuer Weg - und zwei Theaterstücke für Jugendliche, die 1971/72 in der Kulturzeitschrift Volk und Kultur veröffentlicht wurden. Später kamen Gedichte, Vierzeiler und Limericks hinzu. Kasualgedichte las Binder gerne als Laudatio bei runden Geburtstagen von Freunden und bei den Rottweiler Ritterküren "Siebenbürgischer Ritter wider den tierischen Ernst" vor. Die ersten Bücher schrieb und veröffentlichte er erst in der Bundesrepublik. In ihrer Freizeit machten die Binders gerne Gebirgswanderungen und Fernwanderungen, wie den Europäischen Fernwanderweg. Im Winter gingen sie alpin Skifahren. Ein bisschen Gärtnerei wird heute noch als Hobby betrieben. Monika Blumenstock
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