Leben in zwei Welten - Moskaus goldene Ära und Emigration in den Westen
Verlag | Wolke Verlagsges. |
Auflage | 2015 |
Seiten | 280 |
Format | 15,5 x 22,2 x 2,2 cm |
Gewicht | 503 g |
ISBN-10 | 3955930661 |
ISBN-13 | 9783955930660 |
Bestell-Nr | 95593066A |
Rudolf Barschai war einer der legendären Musiker, die Russland nach dem Zweiten Weltkrieg hervorbrachte. Noch heute hat sein Name bei Musikfreunden einen guten Klang. Dimitri Schostakowitsch war der Leitstern seines Musizierens, bei ihm hatte er Unterricht, mit ihm hat er musiziert, er schuf die berühmte Kammerorchester-Fassung seines 8. Streichquartetts. Schostakowitschs 14. Sinfonie wurde für Barschais Moskauer Kammerorchester komponiert, der Zyklus seiner fünfzehn Sinfonien mit dem RSO Köln unter Barschais Leitung wurde zur Referenzaufnahme.
Barschai begann mit dem Geigenstudium bei Lew Zeitlin, dem legendären Professor am Moskauer Konservatorium. Zeitlin war Starschüler von Leopold Auer, des "Vaters" der russischen Geigerschule. Der Österreicher Auer hatte die Schule der Wiener Klassik auf authentische Weise nach Russland vermittelt. Dass Lew Zeitlin auch mit Debussy befreundet war, lange in Paris musiziert hatte und mit der französischen Moderne vertraut war, verstärkt e den kosmopolitischen Charakter der Ausbildung Barschais.
Noch während des Studiums begeisterte sich Rudolf Barschai so sehr für das Streichquartett, dass er von der Geige zur Bratsche wechselte, um ein erstklassiges Quartett gründen zu können. Er war Gründungsmitglied sowohl des Borodin- als auch des Tschaikowsky-Quartetts. Erfahrung im Orchester erwarb er sich ebenfalls schon während der Ausbildung, als er im Orchester des Bolschoi Theaters am ersten Bratschenpult spielte. Der Bratsche blieb er auch späterhin treu. So entstanden die berühmten Aufnahmen der Mozart'schen Sinfonia concertante mit David Oistrach, Geige, und Rudolf Barschai, Bratsche, und von Berlioz "Harold in Italien" mit Rudolf Barschai als Bratschisten, während David Oistrach die Moskauer Philharmonie dirigierte.
Nach dem Tod von Schostakowitsch emigrierte Rudolf Barschai in den Westen und baute dort eine neue Karriere auf. Nun interpretiert er mit den großen Orchestern der Welt das klassische Repe rtoire von Bach und Mozart über Schubert und Brahms bis Mahler und Schostakowitsch in seiner klaren, Otto Klemperer verwandten Art. Er stand am Pult der Wiener Symphoniker und des London Symphony Orchestra, des BBC Symphony Orchestra und des Philharmonia Orchestra London, des Orchestre National de France und des Orchestre de Paris, des Deutschen Symphonieorchesters Berlin und des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks, sowie vieler anderer Orchester in Europa, Asien und Amerika.
Barschai hat neben dem Interpretieren immer auch die kreative Arbeit gesucht, er hat komponiert, instrumentiert, bearbeitet, war stets auf der Suche nach neuen Klängen. In letzter Zeit entstanden Instrumentierungen weiterer Streichquartette von Schostakowitsch für kleines Orchester. Als letzte große Projekte konnte er seine Vervollständigung der 10. Sinfonie von Mahler und der Kunst der Fuge von J. S. Bach realisieren.
Und er war ein wacher Beobachter seiner Zeit. Schon als Kind musste seine Familie vor Stalins Schergen durch die halbe Sowjetunion fliehen. Die Bewachung seiner Tourneen durch den Geheimdienst trug er mit Humor, den Antisemitismus der Behörden registrierte er mit Unbehagen. In vielen Gesprächen mit Bernd Feuchtner schilderte der begabte Erzähler sein bewegtes Leben. So entstand ein Buch, das sich nicht nur spannend liest, sondern auch ein einzigartiges Dokument eines Zeitzeugen ist.