Leben, Denken und Freiheit sind keine Selbstverständlichkeiten für den Menschen. Es sind "unmögliche Möglichkeiten", die durch ununterbrochene persönliche Anstrengung immer wieder neu erzeugt werden müssen. Bleibt diese Anstrengung aus, laufen wir Gefahr, die "anthropologischen Katastrophen" des 20. Jahrhunderts zu wiederholen. In der dramatischen Philosophie Merab Mamardaschwilis treten unterschiedlich kodierte Figuren wie Proust oder Artaud auf, in denen sich seine Bewusstseinsphilosophie und sein Geschichtsverständnis ausdrücken. Mamardaschwilis Anliegen war es dabei immer, auch dem nicht philosophisch geschulten Leser Philosophieren als eine Aufgabe des Lebens zu vermitteln.
Merab Mamardaschwili wurde 1930 in der georgischen Stadt Gori geboren. Die Schule besuchte er in Tbilissi und ging später nach Moskau, um an der Lomonosov-Universität Philosophie zu studieren. Nach dem Studium arbeitete er in der Redaktion der führenden sowjetischen Philosophiezeitschrift Voprosy filosofii (Fragen der Philosophie), 1961 wurde er nach seiner Promotion über Hegel (Zur Kritik der Lehre Hegels über die Erkenntnisformen) nach Prag entsandt, um in der neugegründeten Zeitschrift Problemy mira i socializma (Probleme des Friedens und des Sozialismus) zu arbeiten. Wegen eines eigenmächtig verlängerten Aufenthalts in Paris durfte er nach seiner Rückkehr nach Moskau 1966 für mehr als 20 weitere Jahre die UdSSR nicht mehr verlassen. 1970 folgte die Habilitation zum Thema Formen und Inhalt des Denkens in Tbilissi. Von 1968 bis 1974 arbeitete er als stellvertretender Chefredakteur der Zeitschrift Voprosy Filosofii in Moskau, nach der Entlassung unterrichtete er ohne feste Anstellung an verschiedenen Hochschulen. 1980 kehrte er nach Tbilissi zurück, um am Institut für Philosophie der Akademie der Wissenschaften Georgiens und der staatlichen Universität Tbilissi zu arbeiten. Ende der 1980er Jahre engagierte er sich auch politisch, wurde wegen seiner öffentlichen Äußerung, die Wahrheit stünde höher als die Heimat, von georgischen Nationalisten zum Verräter erklärt und einer Hetzkampagne ausgesetzt. 1990 verstarb er auf dem Moskauer Flughafen auf dem Weg nach Tbilissi. Maria Rajer, 1987 in Ust-Kamenogorsk (Kasachstan) geboren, lebt als freie Übersetzerin in Berlin und Wien. Zuletzt übersetzte sie Mascha Alechina, Viktor Mazin, Pjotr Pawlenski, Pavel Pepperstein und Andrej Platonow. Roman Widder arbeitet am Institut für Deutsche Literatur der Berliner Humboldt-Universität und übersetzte u. a. Andrej Platonow.
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