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Ein Sonett für die Müllerin

Ein Sonett für die Müllerin

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Produktdetails  
Verlag Francke-Buch
Auflage 2022
Seiten 427
Format 15,3 x 2,9 x 20,6 cm
Großformatiges Paperback. Klappenbroschur
Gewicht 492 g
ISBN-10 396362244X
ISBN-13 9783963622441
Bestell-Nr 96362244A

Produktbeschreibung  

Westerwald, 1649: Die dreißigjährige Sophie betreibt mit ihrem alternden Vater eine Mühle in einem kleinen Dorf bei Altenkirchen. Eigentlich hatte sie gedacht, dass mit Ende des Krieges alles besser und ihr Mann endlich heimkehren würde. Stattdessen wird im Mühlengraben die Leiche eines Soldaten entdeckt. Danach ereignen sich seltsame Dinge. Sophie hört des Nachts Schritte, Haushaltsgegenstände verschwinden oder finden sich plötzlich am falschen Ort wieder. Die alte Magd Martha ist felsenfest überzeugt: In der Mühle spukt es. Doch diesen Gedanken weist Sophie weit von sich - nicht nur wegen der romantischen Gedichte, die sie findet. Es muss eine natürliche Erklärung geben. Kommt sie dem Geheimnis auf die Spur?

Leseprobe:

Kapitel 1Altenkirchen, 9. Juni 1649»He, aus dem Weg!« Der laute Ruf des Knechts unterbrach das Gespräch der beiden Frauen in der Kutsche. »Weg da!« Er fuchtelte mit den Armen, doch der Soldat stand weiter ungerührt mitten auf der Straße vor dem Erker des Schlosses und starrte mit halb offenem Mund an den dicken Steinmauern empor zu dem Fachwerk des Obergeschosses. Erst als das Pferd schon fast mit den Nüstern seine Schulter berührte, stolperte er erschrocken rückwärts, verlor das Gleichgewicht und landete unsanft auf dem Hosenboden. Sophie schlug sich die Hand vor den Mund. Der Mann schaffte es gerade rechtzeitig, seine Füße unter den Hufen des Pferdes wegzuziehen. Brüllendes Gelächter erscholl von drei weiteren Soldaten. Sie kamen näher und bedachten den am Boden Liegenden mit Fußtritten, während sie ihn lauthals verspotteten. Der junge Mann versuchte, sich mit halbherzigen Schlägen zu wehren, was seine Peiniger nur noch mehr zu erheitern schien.Sophie konnte es kaum fassen. »Was tut Ihr denn da?«, rief sie vom Wagen herunter. Vor Schreck war sie halb aufgestanden, spürte aber, wie ihre Freundin Elßgen sie am Arm zurück auf den Sitz zog. Die Soldaten hielten inne und sahen sie überrascht an. Das gab dem am Boden Liegenden genug Zeit, sich aufzurappeln. Sein Blick traf sich kurz mit Sophies, dann wandte er sich ab. Wut und Verzweiflung waren deutlich auf seinem Gesicht zu lesen. Die anderen fingen erneut an zu lachen und machten allerlei obszöne Gesten in Sophies Richtung. Zum Glück folgten sie dem Wagen nicht. »Du bist doch völlig verrückt!«, schimpfte Elßgen. »Wie kannst du dich da einmischen?«Sophie hatte sich mit klopfendem Herzen wieder hingesetzt, die Wangen vor Aufregung gerötet. Sie atmete einmal tief durch. »Das ist mir so rausgerutscht«, sagte sie entschuldigend. Den schiefen Blick des Knechts hatte sie wohl bemerkt und war froh, dass die Situation glimpflich ausgegangen war. Ob der Mann einen Finger gerührt hätte, um sie zu beschützen, wagte sie zu bezweifeln. Der Wagen rumpelte weiter das Kopfsteinpflaster der abschüssigen Hauptstraße des Städtchens Altenkirchen entlang. Sie ließen das Schloss und die Kirche hinter sich, passierten das Wirtshaus Zum Falken und hatten kurz darauf den Marktplatz erreicht, der neben dem Schlosshof die einzige Freifläche in der am Hang gebauten Stadt bot, die nicht schräg war. Er lag links von der Hauptstraße und war von Häusern umringt. Der Knecht hielt das Pferd an. »Soll ich hier auf Euch warten, Fräulein Dormann?«, fragte er an Elßgen gewandt. »Natürlich. Ich werde alle Besorgungen aufladen lassen, also sei achtsam.« Elßgen ließ sich vom Wagen helfen. Auch Sophie erhielt Unterstützung beim Absteigen, allerdings mit deutlich weniger Ehr- erbietung. Sie zuckte mit den Schultern. Warum sollte es anders sein? Sie war ja schließlich nur die Müllerin, keine reiche Bauers- tochter wie Elßgen. Sie konnte sich glücklich schätzen, eine so gute Freundin zu haben, die nichts auf Standesunterschiede gab. Unter dem langen Krieg, der letztes Jahr endlich geendet hatte, hatten alle gleichermaßen gelitten, da waren die Menschen enger zusammengerückt. Elßgen hakte sich bei ihr ein und steuerte auf die ersten Marktstände zu. »Denkst du, wir werden Graf Christian zu Gesicht bekommen?«, nahm sie das zuvor unterbrochene Gespräch wieder auf. Sophie lachte. Die Anspannung von vorhin war verflogen. »Ich glaube kaum, dass der hier über den Markt spaziert.« »Vielleicht reitet er aus und wir sehen ihn, wenn er aus dem Schloss kommt. Er sieht so schneidig aus«, schwärmte Elßgen. »Das findet seine hochschwangere Frau bestimmt auch«, warf Sophie mit einem Augenzwinkern ein. Elßgens Schwärmereien für diesen oder jenen Mann amüsierten sie immer wieder. Da-ran merkte sie, dass ihre Freundin fast zehn Jahre jünger war als sie. Mit beinahe dreißig schickten sich solche Albernheiten nicht, schon gar nicht, wenn man verheiratet war. »Ach Sophie, du bist immer so schrecklich pragmatisch. Darf ein Mä

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