Verlag | Verbrecher Verlag |
Auflage | 2015 |
Seiten | 120 |
Format | 13,5 x 1,2 x 20,0 cm |
Mit Lesebändchen, Leinen | |
Gewicht | 230 g |
ISBN-10 | 3957321239 |
ISBN-13 | 9783957321237 |
Bestell-Nr | 95732123A |
Eine junge Frau, die von ihren besten Freunden Catt genannt wird, verdient in Ostberlin als Taxifahrerin ihr Geld. Das Taxifahren ist nur ein notwendiger Job. Catt ist eine Schriftstellerin, die die Erfahrungen ihres Arbeitsalltags und ihrer persönlichen Beziehungen einerseits in ausgearbeiteten Prosaskizzen, andererseits in bloßen Arbeitsnotizen festhält. Catt ist auf der Suche nach ihrer Freundin Janina, die plötzlich verschwunden ist. Janina war Assistentin am Kunsthistorischen Institut der Universität. Die Nachforschungen über Janinas Verbleib zeichnet Catt mit dem literarischen Anspruch auf, Janinas Geschichte zu schreiben - so entsteht eine Geschichte in der Geschichte.
Leseprobe:
Jeden Tag lerne ich fünfzig neue Gesichter kennen, fünfzig Stimmen, manche nennen nur eine Straße, ein Hotel, eine Behörde, einige fügen eine Wegbeschreibung hinzu, manchmal ist sie mir nützlich, andere reden die ganze Zeit über, reden meistens über sich selbst, aber zu mir, und ich kenne sie doch gar nicht, als mache sie die zufällige und einmalige Begegnung frei. Wenigstens tausend Leute im Monat, die ich vorher nie gesehen habe und nie wieder sehen werde, sagen irgend etwas zu mir, ich gehe mit Tausenden von Leuten um in einem Jahr, und mit immer weniger Leuten kann ich umgehen.Immer schwieriger werde ich auch für viele Freunde. Es sind Leute, die mich manchmal brauchen, ich gebe ihnen meine Zeit, sie trinken Rotwein und essen belegte Brote. Ich bin selten zu Hause, und so rufen sie mich selten an.Wenn ich mit ihnen zusammensitze, rede ich, als sei ich nicht allein. Nur mit Uz rede ich wie allein. Ich sage, Ich habe nichts heraus - gefunden. Der Anruf im Kunsthistorischen Insti tut, Kommen Sie bitte in Zimmer einhundertzwölf des Direktorats, ja, Sie, eine Frauenstimme, in Zimmer einhundertzwölf gibt es keine Frauenstimme, es ist doch alles besprochen, Janinas Arbeit betreut Doktor Murray.Das Zimmer des Direktorats ist nicht immer ein Zimmer des Direktorats, Janina ist nicht in irgendeinem Direktorat, es ist zuständig für sie, sie kennt den Beamten, der in diesem Zimmer sitzt, den Beamten, der in diesem Zimmer sitzt, kennt sie nicht. Seinem Rat, sich nicht allzu sehr zu wundern, folgt sie. Der Beamte, es ist sicher falsch, Beamter zu sagen, auch die Angestellten der Universität werden nicht Beamte genannt, selbst wenn die Universität eine Behörde wäre. Das also die Vorrede, halten wir uns nicht mit der Vorrede auf, sagt der Mann.Janina ist beunruhigt, nur das Nötigste sagen, kurze Sätze, Ja, Ich weiß nicht, Nein, sie will eher zuhören. Janina ist neugierig, sie dachte an ein Spiel. Hätte er nicht über ihre Arbeit Bescheid gewußt, wäre sie enttäuscht gewes en. Und Bescheid über Doktor Murray. Aber sie hat Doktor Murray nichts erzählt. Der Mann sagt, Es handelt sich, kurz gesagt, um Ihren Freund. Wundert Sie das?Janina wäre irgendwie auf solch ein Gespräch vorbereitet gewesen, irgendwie, wenn über das Institut gesprochen worden wäre. Daß Janinas Freund Bücher mitbringt, die der Zoll behält, liegt nicht an den Büchern. Das ist es also nicht. Gespräche bei Janina mit, ja, mit wem? Mit niemandem doch. Besuche bei, ja, bei wem? Janina ist nicht vorbereitet, und der Mann fragt sie auch gar nichts, er sagt ihr etwas.Nämlich wo ihr Freund arbeitet, an welcher Universität, und in welchem Institut, und auf welchem Gebiet. Das stimmt doch, nicht wahr?