Verlag | Maro-Verlag |
Auflage | 2020 |
Seiten | 240 |
Format | 13,6 x 2,1 x 20,7 cm |
Gewicht | 372 g |
ISBN-10 | 3875124936 |
ISBN-13 | 9783875124934 |
Bestell-Nr | 87512493A |
Edith, Marita, Ellie und Hanne - vier Frauen, vier Generationen, vier Lebenswege. Edith, Ende des 19. Jahrhunderts im Banat geboren, das zwar in Rumänien liegt, aber deutsch geprägt ist, verlässt in ihrer Hochzeitsnacht den Ehemann und flüchtet zu ihrem Geliebten. In den Nachwehen des Ersten Weltkriegs zieht sie Tochter Marita groß. Diese, wunderschön und von Männern umschwärmt, liebt neben der Freiheit nur den Einen - doch ausgerechnet der bringt sie hinter Gitter. Maritas Tochter Ellie wiederum zerreibt sich im Bestreben, es allen recht zu machen. Als ihr Mann die Ceau escu-Diktatur nicht mehr aushält und nach Deutschland flieht, gibt sie ihr altes Leben auf und folgt ihm mit Tochter Hanne. Hanne ihrerseits entscheidet sich für eigene Wege und eigene Fehler, zieht der vermeintlich großen Liebe hinterher und stürzt schmerzhaft ab. Doch auch sie hat ein Kind, und um seinetwillen trotzt sie selbstbewusst allen Umständen - schließlich ist auch Hanne eine Chamäleondame.Über mehr als 120 Jahre spannt sich der Bogen von der ersten bis zur letzten Mutterfigur. Feinsinnig poetisch und mitunter bitterkomisch, voller Spannung und Emotion, erzählt Yvonne Hergane in schlaglichtartigen Anekdoten eine vierfache Lebensreise vor historisch, geographisch und politisch wechselndem Hintergrund.
Leseprobe:
Mühsam kämpft sie sich den langen Weg von der Schule durch die Gassen in die Zweite Reih hoch, die volle Blase mit jedem Schritt schwerer, weil es in der Schule kein Klosett gibt, das man benutzen kann, ohne das bisschen kostbare Leckwarbrot vom Handfrühstück wieder auszuspeiben. An jedem anderen Tag schafft sie es mittags rechtzeitig nach Haus und aufs Häuserl, aber heute hat ihr ein dicker Stolperstein ein Schnippchen in den Knöchel geschlagen, sodass sie jetzt mindestens halb zu langsam den Berg hochhumpelt. Omama schlagt mi tot, wenn ich mir in der Hosn mach, dröhnt es in ihrem Kopf. Ist doch die einzige, die noch aus a bissl Zwirn und nit nur Löcher gmacht ist. Sie hievt sich weiter hinauf, ein Fuß, noch einer. Glei, glei is vorbei ...Und dann is vorbei, der letztmögliche Schritt getan. Ellie kann sich nur noch zur Seite ducken, in den Gassengraben, fluchend darüber, dass grad jetzt zu wenig Brennnesselgestrüpp wuchert. Sie hockt sich hin, lupft das Kleid über die Knie, zerrt die Unterhose zur Seite und lässt laufen, lässt die Blase ihren geschwollenen Knöchel heilen, legt den Kopf in den Nacken und atmet aus.Als sie wieder sehen kann, richtet sie sich auf und will weiter. Aber da stehen sie schon, drei Bengel dünn wie Bohnenstangen, die Arme vor der Hühnerbrust verschränkt, die Mäuler zum Johlschlund aufgeklafft.Jetzt hammer die Ellie beim Pischen erwischt! Musst ja viel gsoffen ham, so wie's aus deim schwarzen Loch rausgloffen is! Damit und mit heilen Knöcheln rennen sie los, laufen der leckgeschlagenen Ellie, die ihnen nur mit aufgerissenen Augen hinterherschweigen kann, davon. Piiischi! Piiischi! Ellie Pischnellie macht Piiischi!, echot es den Berg herunter. Der Johann, der Heino, der Sepp, notiert sich Ellie im Kopf - für die Zeit, wenn ihr Knöchel und ihr Mumm wieder gesund sind. Piiischi! Piiischi! Schneller als das Licht verbreitet sich der Schall übers ganze Viertel, regnet über die Zweite Reih herab und durchnässt Ellie von Kopf bis Fuß.