Verlag | AB - Die Andere Bibliothek |
Auflage | 2020 |
Seiten | 344 |
Format | 12,4 x 22,0 x 2,6 cm |
Gewicht | 559 g |
Reihe | Die Andere Bibliothek 423 |
ISBN-10 | 3847704230 |
ISBN-13 | 9783847704232 |
Bestell-Nr | 84770423A |
Ginover statt Artus, Jeschute statt Parzival: Wir lernen sie endlich kennen, die Frauen der mittelhochdeutschen Romane um 1200, nicht als bloßes Beiwerk, nicht als Nebenfiguren - die Frauen spielen die Hauptrolle und Rolf Vollmann stellt sie uns vor. Mit erzählerischer Leichtigkeit führt Rolf Vollmann uns ein in die Sagenwelten von Artus & Co., schleust sich selbst ein unter die Protagonistinnen, kommentiert das Geschehen - und macht uns das Mittelalter gegenwärtig: Denn auch dort wurde »gebruncht« - aber vor allem begehrt, geliebt und intrigiert. Parzival und Artus, Willehalm und Lancelot - diese Helden und Hauptfiguren der mittelalterlichen Sagen kennen fast alle. Um die Kenntnis der großen Frauen, die nicht einfach nur an deren Seite standen, ist es schlechter bestellt: Ginover (oder Guinevere) mag noch zusammen mit Artus und Lancelot genannt werden, doch Jeschute und Sigune aus Wolframs Parzival sind nur noch wenigen vertraut. An diesen mittelhochdeutschmodernen Geschlecht erverhältnissen rüttelt Rolf Vollmann: Frauen sind die Zentren der berühmten Geschichten. Da gibt es die junge Lavinia, die sich brennend für Eneas interessiert, obwohl ihre Mutter sie deshalb lieber tot sähe; die Königin Ginover, mitsamt Ehemann Artus und Geliebtem Lancelot; die junge Seglerin Sigune, eine Frau aus der Gralssippe, die mit ihrem toten Geliebten in den Armen in einer Linde sitzt, eine Verwandte Parzivals; die schöne Enite, die bei Hartmann von Aue ihren Mann wieder auf Trab bringen muss, der faul geworden ist, kaum hat er sie geheiratet; die hübsche Jeschute, über die der ganz junge Parzival, nachdem er seine verwitwete Mutter Herzeloyde verlassen hat, geradezu in seiner Tölpelhaftigkeit stolpert, worauf ihr Mann die Unschuldige als Nackte durchs Land reiten lässt. Forsch, eigensinnig, manchmal unbarmherzig, immer schön - so stellt Vollmann uns das weibliche Personal des Mittelalterromans vor. Anders als Eschenbach, Hartmann von Aue und alle übrigen anonymen Autore n, die hauptsächlich an den männlichen Helden interessiert waren - späte Gerechtigkeit, die Vollmann lustvoll, mit dem Geschichtenmaterial spielend, vor uns ausbreitet. Keine Seminarlektüre, sondern vergnügliche, heitere Stunden der Muße schenkt uns Rolf Vollmann.
Rezension:
"(Die)Erzählung (drückt Vollmanns) Einstellungen, seine Wertschätzung, seine Skepsis und vor allem sein Amüsement diesen seltsamen Stoffen gegenüber aus. Diese Bücher können zwar als Romanführer genutzt werden, sind aber eigentlich Konfessionen einer leidenschaftlichen Leserseele." Hannelore Schaffler Süddeutsche Zeitung 20200701