Hedwig Diestel «Du Sichtbar-Unsichtbarer! Führe mich!» - Ein Leben in Lyrik
Verlag | Futurum |
Auflage | 2022 |
Seiten | 180 |
Format | 13,4 x 1,5 x 21,8 cm |
Großformatiges Paperback. Klappenbroschur | |
Gewicht | 256 g |
ISBN-10 | 3856362738 |
ISBN-13 | 9783856362737 |
Bestell-Nr | 85636273A |
Mancher Mensch bildet in seiner Biografie neben der äußeren Profession noch einen zweiten Begabungskeim aus. Zuweilen ist dieser wie ein Kontrapunkt, zuweilen ist er mit dem Beruf intim verwoben. Bei der Eurythmistin und Pädagogin Hedwig Diestel ist es das Motiv des Geführtwerdens durch ein inneres Hören, das in ihrer Poesie, die sie von Jugend an pflegte, immer wieder anklingt. Auf diese Führung durch etwas Unsichtbares, durch einen «Unnennba- ren», war sie angewiesen, nachdem sie mit 42 Jahren - geboren 1901 bei Schwerin - im Krieg ertaubte. Doch diese Führung erschuf Hedwig Diestel auch, von diesem «Sichtbar-Unsichtba- ren» legte sie immer bewusster Zeugnis ab, so, als habe von Anfang an ein besonderer Sinn in ihrem Schicksal gewirkt.Berührend sind diese Texte, weil sie zwar unüberhörbar von Trauer und Fremdheit in der Welt erzählen. Gleichzeitig aber begegnet dem Leser ein unverstellter, faszinierend schlichter und dabei treffsicherer Humor - eine Melodie voller leichter Schwe re und schwerer Leichtig- keit, die von fern an Morgenstern erinnern kann und doch etwas Eigenes hat. Die Natur wird transparent: Ihr geheimes Wesen wird nicht kühl benannt, sondern ihre Seelenfrieden schlichtende Wirkung durch Verse warm umspielt.
Leseprobe:
«Immer mehr verwandelte sich diese innere Führung zu eigener, intensiver Aktivität(...)Jetzt erblickte sie sein Wesen nicht nur in den Ge schöpfen und Erscheinungen der Natur, son dern mehr und mehr auch in ihrem Schicksal. Dieses stellte sie (...) vor weitere große Heraus forderungen: Als Einzige von allen Mitbewoh nern überlebte sie die Zerstörung ihres Hauses bei dem großen Bombenangriff auf Freiburg. Als sie schließlich geborgen wurde, verriet nur eine Bewegung ihres kleinen Fingers, dass noch ein Lebensfunke in ihr war.»«Ich bin ein dunkles, fest verschlossnes Buch. Noch keine Seele hat in mir gelesen.Ich bin umsonst auf dieser Welt gewesen.Es liegt auf mir wie ein geheimer Fluch.Nur beim Erwachen kommt`s mir manchmal vor, Als hätte irgendwer mich aufgeschlagenDer lange in mir las - wird er nun sagenDass er ganz unnütz seine Zeit verlor?Wie unbekannt ist mir das eigne Wesen! Vielleicht, vielleicht - es überläuft mich heiß - Kann man ein Wort der Liebe in mir lesenVon dem ich noch nichts weiß - -(Hedwig Diestel)