Ich bin kein Felsen, ich bin ein Fluss - Essays über Kultur und Politik
Verlag | Sonderzahl |
Auflage | 2020 |
Seiten | 180 |
Format | 13,7 x 1,4 x 21,2 cm |
Gewicht | 254 g |
ISBN-10 | 3854495552 |
ISBN-13 | 9783854495550 |
Bestell-Nr | 85449555A |
Ronald Pohl charakterisierte kürzlich in einem Standard-Artikel Peter Rosei als einen "Wahrnehmungsakrobaten, der die Bälle von Kunst, Politik und Lebensform anstrengungslos und synchron in der Luft hält."Dem Attribut "anstrengungslos" sollte noch das Wort "scheinbar" hinzugefügt werden. Denn Rosei ist kein Schriftsteller, der es sich leicht macht mit der Beantwortung der von Kunst und Politik aufgeworfenen Fragen. Wobei das Stellen von Fragen bei ihm auch Selbstbefragung bedeutet: "Stimmt das aber?", "Was tun?" oder grundsätzlicher: "Wir müssen uns fragen, wie wir leben wollen, in welcher Gesellschaft und in welcher Welt?" Diese seine Texte geradezu leitmotivisch durchziehenden Fragen sind keine rhetorischen Floskeln, sondern Ausdruck eines "Denkens in Rede und Gegenrede, wie Sokrates uns gezeigt hat".Der neue Essayband von Peter Rosei versammelt in fünf Abschnitten:Texte zum eigenen Schreiben und zur Literatur von Kollegen wie Gerhard Rühm oder Reinhard Prießnitz;Texte zur Polit ik, von Utopie bis Heimat;Annäherungen an bildende Künstler wie Alberto Giacometti oder Wolfgang Hollegha;grundsätzliche theoretische Überlegungen - stets unter der Prämisse: "Wenn du zeigen kannst, wie die Welt ist, ohne Umweg über eine Theorie, dann bist du Künstler."Und abschließend zwei programmatisch gehaltene Reden anlässlich von Preisverleihungen.
Leseprobe:
Ich möchte so weit gehen, zu sagen: Vieles, was später, durch unermüdliches Wenden und Nachdenken geschliffen und poliert, leuchtend triumphal als Einsicht erstrahlt, kommt, weich und noch ungestalt, aus dem Land der Träume und Ahnungen her. Es ist wie bei den Kristallen in noch ungesättigter Lösung - oder auch bei unserem Menschsein überhaupt, wo aus Nässe und Schleim zuletzt das kleine Menschlein entsteht.Mit der sogenannten Dummheit ist es auch so eine Sache: Der Intellektuelle wird stets gegen sie angehen, weil er weiß, dass das Schlimme in der Welt weit weniger oft auf Bosheit und Bösartigkeit, denn auf Dummheit gründet. Freilich haftet diesem Kampf etwas vom Don Quichotte an: Reich und vielgestaltig ist die Dummheit. Hast du sie vorn ausgemerzt, wächst sie in deinem Rücken wie das herrlichste Unkraut schon wieder auf.Dazu kommt: Im Narrenhaus der Welt kommt es öfter einfach darauf an, verrückter zu sein als die sogenannten Vernünftigen, zum Beispiel die Wärter, also jene, di e Macht haben. Jetzt nimm deinen ganzen Mut zusammen, Intellektueller: Sag' es gerade heraus!