Verlag | Atlantis Zürich |
Auflage | 2022 |
Seiten | 224 |
Format | 13,8 x 2,2 x 20,8 cm |
Gewicht | 336 g |
ISBN-10 | 3715250119 |
ISBN-13 | 9783715250113 |
Bestell-Nr | 71525011A |
Aus Fritz Meyers Roman, der im Zürich der frühen vierziger Jahre und in einer Stadt am Meer spielt, spricht ein Suchender. Ein Skiunfall mit kompliziertem Beinbruch fesselt den Erzähler, elternlos und Lehrling bei Spörri & Co, ein paar Monate ans Krankenhausbett. Bald empfindet er die regungslose Rückenlage als Zustand des Glücks. Der Blick nach oben, ins Offene, begünstigt das Denken, und er begibt sich in das Labyrinth des eigenen Selbst. Da warten die rückbezüglichen Tätigkeitswörter, die ihn schon immer verwirrten, Erinnerungen an Kindernächte in der Höhle des Elternhauses, die Entdeckung der Welt. Und die der Liebe. Wenn sie erwacht, braucht sie einen Gegenstand, sonst ist sie für nichts. Allein, Katharinas Anrufe sind ausgeblieben. Die junge Frau aus besseren Kreisen, die wie er Kurse an der Volkshochschule belegt und engagiert über Eros diskutiert, sieht er erst am Tag seiner Entlassung wieder - ein denkwürdiger Tag, an dem nichts mehr ist, wie es vorher war.Ich unter ander em zieht mit langen, atmenden Sätzen, die an Camus erinnern, in den Bann. Die Modernität in Ton und Erzählung des erstmals 1957 erschienen Romans versetzt in Erstaunen, und man stellt sich die Frage, wie es sein kann, dass eine solch hochinteressante literarische Stimme vollends in Vergessenheit geraten ist?
Leseprobe:
So kam ich bis zu der Stelle, wo man das Lichtermeer unter sich hat, die flimmernde, nächtliche Stadt, über der in grau-violetten Schwaden die Nebel aufzogen; meine Stadt. Es war nicht das erste Mal, dass ich vor der plötzlichen Frage erschrak, was ich denn anfangen sollte in ihr. Im Hause Katharinens hatte man schon verschiedentlich angedeutet, ich könnte eine Abendschule besuchen, es vielleicht bis zum Doktor bringen, worauf dann der Bibliothekar an maßgebender Stelle für mich, seinen Schwiegersohn, sich gerne verwenden würde, und ich hatte dankbar und höflich gelächelt darauf; so wäre ich möglichenfalls der Nachfolger des Bibliothekars geworden. Doch wieder, als ich vom Waldrand aus über die Lichter hinschaute, ausschaute nach etwas, das ich anwesen fühlte und sich doch meinen Blicken entzog, meinte ich, meine Zukunft sei anderswohin gerichtet, als nach einer solchen Nachfolge. Es war ja auch zwischen Katharina und mir kein Wort gewechselt worden darüber; ihre Eltern mochten bi sweilen solches in Aussicht nehmen; dass auch ich einmal Bibliothekar sein würde, ließ Katharinens Mutter von der Wiederkunft ihrer eigenen Jugend träumen, vielleicht, die verloren gewesen sei, schrieb sie mir einmal, er, ihr Mann, und gesetzten Falles mein Vorgänger, hätte nie die Feinheit besessen und sie darum schon zu Beginn im geheimen fürs Leben verwundet - darauf überließ ich ihr im Flur die Hand etwas länger, aus Mitleid, und wollte es gern bis zum Doktor bringen für Katharina und sie. Doch waren das bloße Rücksichten gewesen, Verbindlichkeiten, denen ich mich unterzog, da ich nun einmal, meiner selbst nicht bewusst, in jenem Hause verkehrte, und dies möglichst reibungslos zu tun gedachte, um Katharina zu folgen; hier oben im nächtlichen Wind hatte das keine Gültigkeit mehr.