Verlag | Bucher |
Auflage | 2023 |
Seiten | 640 |
Format | 13,0 x 4,0 x 21,0 cm |
Gewicht | 884 g |
ISBN-10 | 3990186558 |
ISBN-13 | 9783990186558 |
Bestell-Nr | 99018655A |
Mit neunzehn jahren - also vor beinahe vier jahrzehnten - bin ich von zu Hause ausgebüxt, um für ein paar Monate in Frankreich umherzutrampen. Ich habe nicht gewusst, wie lange diese Reise tatsächlich dauern würde. Während meiner Reise bin ich häufig alleine gewesen, habe viel über meine Kindheit nachgedacht und mich mit mir selber auseinandergesetzt. Das hat gutgetan. Und ich habe viel erlebt, bin an vielen orten tollen und weniger tollen Menschen begegnet. Die Reise hat mich nachhaltig geprägt. Der Gedanke, irgendwann einmal alles der Reihe nach in Form einer Erzählung oder eines Romans niederzuschreiben, hat mich nie losgelassen. Jetzt habe ich es getan, beinahe vierzig jahre später.
Leseprobe:
Eigentlich wäre es ein Leichtes gewesen, dreißig oder vierzig oder noch mehr Francs zu erbetteln. Dann hätte ich mir ein Zimmer in einer Herberge leisten können. Dann hätte ich duschen können. Dann hätte ich für schlechtere Zeiten was auf der Seite gehabt. Tat ich aber nie. Sobald genug Geld für eine Mahlzeit in meiner Hosentasche klimperte, ging ich in einen McDonalds oder in einen Burger King oder in einen Supermarkt. Ohne es zu merken, hatte ich einem Morgen und Übermorgen abgeschworen. Ich lebte im Heute. Nichts zu haben, außer dem, was ich am Leib trug und was ich in meine Umhängetasche gewurstelt hatte, gab mir ein Gefühl von Leichtigkeit. Von Sorglosigkeit. Von Freiheit. Die Leute um mich herum sollten nicht mich, sie sollten sich selbst bemitleiden. Nachts schlief ich in einer Wiese unter einem Baum oder auf einer Parkbank, betrachtete den Sternenhimmel. Untertags schaute ich mir Häuser und Stadtmauern an, zählte Pflastersteine. Betrat auch einmal eine Kirche. Betete zu Je sus, er solle mich wieder an den Nikolaus und ans Christkind glauben lassen. Setzte mich in einen Gastgarten und beobachtete die Menschen. Sah sie sitzen und stehen und schlendern und eilen, hörte sie reden und lachen und schweigen. Alles war gut. Der Tag war da, ihn zu erleben. Die Nacht war da, sie mit all ihren nebelhaften Gestalten zu erträumen. Die Zeit hatte keine Zeiger.