Was hat ein über neunzigjähriger alter weiser Mann unserer Zeit schon Kluges zu sagen? Geht es nach dem Selbstverständnis der neuen Hypermoral unserer Identitätsgesellschaft, rein gar nichts. Und genau darum lohnt es sich, Hans von Schoens »Bekenntnisse« aus der Feder seines 'alter ego' Alfred Böswald zu lesen. Seine strikte Ablehnung jeglicher ideologischen Dogmatik, seine hochprovokanten Thesen zu Liebe und Sexualität, seine so tröstlichen Gedanken zu Leben und Tod, werden Progressive, Linke, Rechte, Gläubige und Konservative gleichermaßen empören und entsetzen.Kenne dich selbst - ein radikales Manifest für junge Menschen, die durch mutige Ansichten eines alten Mannes Lust auf Leben bekommen sollen, ein Stundenbuch für Menschen in der Lebensmitte, die sich dadurch trauen sollen, noch einmal alles infrage zu stellen, und sicher auch ein Trostbuch für jene, die an ihr zu Ende gehendes Leben viele Fragen haben. Und an den Tod erst recht...
Alfred Böswald (geb. 1962) kann getrost als Multitalent bezeichnet werden: Der versierte Instrumentalist studierte nicht nur Germanistik, Theologie und Kompositionslehre, sondern stieg nach seinem Examen rasch zum beliebten Fernsehjournalisten auf, wurde Lobbyist des Daimler-Konzerns in Brüssel, Sprecher der Leipziger Messe und Universitätsdozent. An einem Wendepunkt seines Lebens legte er die Prüfung zum »Heilpraktiker für Psychotherapie« ab und betrieb fast zwanzig Jahre lang erfolgreich seine eigene Praxis in Weilheim. In dieser Zeit entstanden zwei Sachbücher, die Böswald und seinen radikalen therapeutischen Ansatz rasch bekannt machten. Der sich selbst als »gläubigen Agnostiker« bezeichnende Vater von sechs Kindern aus zwei Ehen widmet sich seit 2020 nur noch der Schriftstellerei und arbeitet derzeit an zwei Romanen und einem Kurzgeschichtenband. Hans Freiherr von Schoen (geb. 1932) ist der ungemein belesene und weltläufige Besitzer des Gestüts Großschwaig am Irschenberg und lebt dort mit seinen nunmehr neunzig Jahren zwischen Pferden, unzähligen Reliquien vergangenen Glanzes sowie Tausenden von Büchern allein. Sein Großvater überbrachte als deutscher Botschafter in Paris den Franzosen die Kriegserklärung Wilhelms II., sein Vater war im Dritten Reich der erste deutsche Botschafter in Chile, er selbst bereiste als bayerischer Bankmanager die halbe Welt. Der Sohn einer Amerikanerin spricht fließend Spanisch, Englisch und Französisch, ist Anteilseigner eines Elektrizitätswerks im Schwarzwald, war der Schwarm aller Frauen der Gesellschaft und zog sich im Alter immer mehr zurück, um sich »treiben zu lassen« und zu philosophieren.
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