Verlag | Schiermeier |
Auflage | 2019 |
Seiten | 208 |
Format | 23,7 x 1,8 x 27,8 cm |
Mit Lesebändchen | |
Gewicht | 1116 g |
ISBN-10 | 3943866831 |
ISBN-13 | 9783943866834 |
Bestell-Nr | 94386683A |
Das Murnauer Moos ist eines der mächtigsten Moorgebiete Mitteleuropas. Über Jahrhunderte hinweg wurde das Moor von Menschen ausgebeutet, große Bereiche als Viehweiden und sogar Wiesen genutzt. Im 20. Jahrhundert begannen der Abbau der Torflager und die Gewinnung von Glaukonit an den Köcheln. Seit der Frühzeit nutzten Menschen eine wichtige Fernstraße entlang der Loisach, heute queren das Moos eine Autobahn und eine Bundesstraße. Im 20. Jahrhundert formte sich aber auch Widerstand gegen die Ausbeutung und seit 1980 steht das Murnauer Moos unter Naturschutz. Die Historikerin Christine Rädlinger beschreibt die lange Nutzungsgeschichte des Murnauer Mooses. Ihre umfangreiche Recherche wird ergänzt durch einen Bericht der Biologin Sabine Tappertzhofen. Sie schildert die Entstehung und Entwicklung der vorhandenen Moortypen mit ihren unterschiedlichen Pflanzengesellschaften und die Einflüsse menschlicher Nutzung auf dieses bedeutende Feuchtgebiet.
Leseprobe:
"Das Murnauer Moos kann den Ruhm für sich in Anspruch nehmen, die größten Moortiefen in Bayern aufzuweisen. Nach den Bohrungen der L.f.M. wurden diese mit 15,5 Meter an drei Stellen festgestellt." Dies schrieben Hermann Paul und Selma Ruoff von der Landesanstalt für Moorwirtschaft in München in ihrer epochemachenden Darstellung zur Stratigraphie und Vegetationsgeschichte oberbayerischer Moore 1932. Die Größe des Murnauer Mooses hat sich seit dieser Zeit nicht geändert: Es wurde wie so viele andere Moore nicht zerstört. Mit einer Fläche von 32 Quadratkilometern gilt es heute als das größte zusammenhängende Moorgebiet Mitteleuropas. Seine Bedeutung liegt damit auf der Hand: Im Lauf der letzten Jahrtausende ist es zu einem der bedeutendsten Kohlenstoffspeicher Mitteleuropas geworden. Natur- und Kulturgeschichte durchdringen sich in diesem Gebiet, und das muss im wahrsten Wortsinn verstanden werden: Eine wichtige römische Straße verlief quer durch das Moor. Sie war eine wichtige Dati erungsmarke für die Verknüpfung der Moor- und Vegetationsgeschichte mit der Kulturgeschichte. Paul und Ruoff untersuchten die Pollengehalte in verschiedenen Tiefen von Torfprofilen aus dem Murnauer Moos und hofften, einen charakteristischen Ablauf der Vegetationsgeschichte über und unter der Schicht der Römerstraße zu finden. Insgesamt wollte man durch Untersuchungen mehrerer Moore und die Verknüpfung von archäologischen Funden, deren Datierung und pollenanalytische Untersuchungen eine Grundlage für die mitteleuropäische Klimageschichte gewinnen. Mit dem gleichen Ziel untersuchte man das Federseemoor oder auch die Seen und Moore im Umfeld der Ostsee. Oft wagten die Archäologen vorschnelle Schlüsse, zum Beispiel, dass die vorrömische Zeit recht trocken gewesen sei. Doch Paul und Ruoff waren skeptisch: "Wir sehen, dass ein großer Teil der Argumente für trockenes, ja sogar für warmes Klima von den Archäologen stammt. Nicht alle Argumente sind unbedingt zwingender Natur."Heute beachte t man auch andere Indizien für den Klimawandel, schwankende Gletscherstände, unterschiedliche Jahrringbreiten im Holz, Einlagerungen von Sauerstoffisotopen im grönländischen Eis, und man datiert kohlenstoffhaltige Ablagerungen mit C14-Messungen. Aber die internationalen Ansätze, mit denen verschiedene Forschungsansätze zu Beginn des 20. Jahrhunderts miteinander verknüpft werden sollten, imponieren bis heute.Die vielfache Bedeutung als Kohlenstoffspeicher, Standort und Habitat seltener Pflanzen- und Tierarten sowie landschaftliche Schönheit machen das Murnauer Moos zu einem Juwel. Es braucht unseren besonderen Schutz, wobei die Kulturgeschichte nicht vergessen werden darf. Der Rosner & Seidl Stiftung in München ist erstens für die Anstrengungen zur Bewahrung des Murnauer Mooses zu danken und zweitens für die Förderung der Darstellung der Kulturgeschichte des Moores durch Christine Rädlinger. So wird eine wichtige Basis für eine gute Zukunft des Moores gelegt.Hannover im September 2 019Hansjörg Küster