Verlag | Leykam |
Auflage | 2023 |
Seiten | 240 |
Format | 15,1 x 2,6 x 21,1 cm |
Mit Lesebändchen | |
Gewicht | 400 g |
ISBN-10 | 3701182590 |
ISBN-13 | 9783701182596 |
Bestell-Nr | 70118259A |
Gibt es die menschliche Güte?Ein Roman über die von Rechtspopulisten vereinnahmte Zeit der Wiener Türkenbelagerung, auf der Suche nachVernunft und Frieden.1683. Wien steht kurz vor der Belagerung durch die Osmanen, tatarische Reiter verbreiten Angst und Schrecken. Während der Kaiser mit seinem Hofstaat bereits die Stadt verlässt, reist der deutsche Rechtsgelehrte Samuel von Pufendorf nach Wien, um seinen verschwundenen Bruder Esaias zu suchen. Schon nach kurzer Zeit wird er der Spionage bezichtigt und muss gemeinsam mit dem zwielichtigen Geschichtenerzähler und Sänger Gustl wieder aus der belagerten Stadt fliehen. Inmitten eines immer unübersichtlicher und grausamer werdenden Krieges will er den Beweis für die menschliche Güte erbringen, auch wenn er selbst zunehmend zwischen die Fronten gerät. Ein Roman, der zeigt, wie aktuell die Vergangenheit ist, und dass die Fronten angesichts zahlreicher Interessen niemals so klar sind, wie sie zu sein scheinen.
Leseprobe:
Was weiß man schon wirklich? Der Gustl und der Tod seien Freunde, sagte man. Der Gustl sei in die Pestgrube gefallen, sagte man, und aus der Pestgrube wieder herausgekommen. Der Tod, so sagte man in Wien, sei für den Gustl zu schade, denn einer wie der Gustl, mit all seinem Branntwein und den Trinkgeldern und seinen undurchsichtigen Geschäften, der hat es verdient, bis in alle Ewigkeit im finsteren Tal des Lebens zu wandeln. Pfeifend wandelte der Gustl durch die Gassen, während alle schon schliefen, seine Sackpfeife unter den Arm geklemmt, rieb drei Mal das Kruzifix um seinen Hals und fünf Mal die Hasenpfote in seiner Tasche, denn die Gassen waren nicht so leer, wie sie schienen, das wusste er besser als alle anderen. Er bewegte seine Lippen stumm zum Ave Maria, hob dabei seine Hand an den spitzen Hut, erwiderte den Gruß des Männleins mit der Hahnenfeder, das unter einer Laterne lehnte. Dort, wo die Gassen sich ins Dunk-le verengten, hörte er Ratten vorbeihuschen und den abscheuli chen Basilisken, hörte ihn in den nächsten Brunnen gleiten, und hinter sich hörte er das Schlurfen nasser Füße, die aus der Donau kamen. Er bräuchte sich nur umzudrehen, um dem Nöck ins schuppige Gesicht zu schauen, aber das wäre ein schwerer Fehler gewesen, denn einen Wasser-mann sah man nur einmal, dann war man schon in der Donau. So ging er weiter, der Gustl, ging festen Schrittes, denn er wusste, sie würden ihm nichts antun, denn er war einer von ihnen, eine Gestalt, die es nur im Dunklen gab. Erst als er bei dem erleuchteten Palais angelangt war, machte er ein Kreuzzeichen und drehte sich um, damit er die anderen nicht mit über die Schwelle nehmen, damit sie nicht heimlich an ihm vorbeischleichen würden. Aber als er sich umdrehte, da war die Straße leer, und wie immer spürte er einen leichten Stich im Herz, einen Hauch der Ent-täuschung, dass sie nicht da waren. "Der Herr Kolschitzky?" empfing ihn ein Diener in schwarzer Livree, hielt ihm eine Kerze entgegen.(© Leykam Verlag, unredigierte Leseprobe)